Partizipation

Unter Partizipation verstehen wir, die Kinder in ihrer Einzigartigkeit anzunehmen und ihre selbstbestimmte Teilhabe am Kindergartenalltag aktiv zu begleiten und zu fördern.

Kinder, die sich selbstbewusst für ihre Rechte und Bedürfnisse einsetzen, sich wertgeschätzt und selbstwirksam fühlen, sind besser vor Gefährdungen geschützt. Diesen Gedanken greift das am 01.01.2012 in Kraft getretene Bundeskinderschutzgesetz auf.

Es gibt vor, dass Kindern in Kindertageseinrichtungen neben dem Beteiligungsrecht auch ein Beschwerderecht einzuräumen ist. Jedes Kind hat das Recht, eine Beschwerde zu äußern und Anspruch darauf, von uns gehört und angemessen behandelt zu werden.

 

Bereits im U3-Bereich sind wir der Ansicht, dass Kinder ihre Entwicklung selbstbestimmt beeinflussen können und auch sollen. Deshalb geht es vor allem darum, die Rechte der Kinder zu klären und zu prüfen, um ihre Interessen in gemeinsamen Entscheidungsprozessen vertreten zu können.

Schon im Rahmen der Eingewöhnungszeit ist dies eine große Herausforderung für alle Beteiligten, weshalb wir mit Hilfe der vertrauten Bezugsperson dem Kind ausreichend Zeit geben, eine sichere Bindung zu einer Fachkraft aufzubauen und eine positive erste Erfahrung mit der Umwelt zu gewährleisten. Nur so kann sich das Kind den Bildungsangeboten, die ihm der Kindergarten macht, aktiv zuwenden. Hier möchten wir, dass das Kind entscheidet, wie viel Zeit es dafür braucht.

 

Auch das Wickeln spielt eine wichtige Rolle. Das Kind signalisiert uns, welcher der  vertrauten Fachkräfte es einen so intimen Eingriff erlaubt. Wir wickeln die Kinder nicht gegen ihren Willen. Das Schlafbedürfnis von Kindern ist individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt. Vor diesem Hintergrund erscheint es uns wenig sinnvoll, Kinder entgegen ihren Bedürfnissen wach zu halten oder zum Schlafen zu zwingen. Wir klären untereinander und mit den Eltern, ob sie den Kindern nicht besser das Recht zugestehen selbst zu entscheiden, ob, wann und wie lange sie schlafen – auch wenn das in einer Übergangsphase für alle Beteiligten anstrengend sein kann. Von Anfang an nehmen auch die U3-Kinder nach ihren Möglichkeiten an dem regelmäßig stattfindenden Morgenkreis teil.

Zunächst sind sie meist dabei, ohne sich einzubringen, und wenden sich anderen Dingen zu, wenn ihr Interesse an dem Geschehen nachlässt. Doch irgendwann überraschen sie mit ihrem ersten Beitrag, der ebenso wie alle anderen gewürdigt wird, auch wenn er vom aktuellen Thema abweichen sollte. Die Kinder wachsen so in diese Beteiligungsform hinein und fügen ihren Beitrag hinzu.

Wir unterstützen Kinder darin, sich ihren eigenen Interessen und Ansprüchen bewusst zu werden, die Interessen und Ansprüche anderer wahrzunehmen und zu berücksichtigen. Die Kinder entscheiden nicht nur bei ihren eigenen Handlungen mit, sie bekommen zudem auch regelmäßig in Kinderkonferenzen und im Alltag die Möglichkeit, aktiv mitzubestimmen bei der Auswahl der Spielmaterialien, bei verschiedenen Aktivitäten, bei der Umgestaltung der Räume, Ausflügen, Regeln, welche die Kinder betreffen, der Gestaltung ihrer Portfoliomappen und den Tagesabläufen.

 

Diese Beteiligung in und mit der Gruppe bietet den Kindern den Raum, über ihre Erlebnisse zu berichten, Wünsche zu äußern, Regeln der Gruppe zu diskutieren und gemeinsame Aktivitäten zu planen. Das Gruppengefühl wird gestärkt und die Kinder lernen frei zu sprechen, sich zu artikulieren und vor einer großen Gruppe das Wort zu ergreifen. Die Kinder erleben, dass ihre Äußerungen ernst genommen werden, dass sie selbst für die Gemeinschaft wichtig sind und dass es lohnt, sich einzusetzen.

 

Zusätzlich helfen die Jungen und Mädchen bei den Umgestaltungen von Gruppenräumen und Aktionsräumen und werden gebeten, ihre Wünsche und Ideen einbringen. Stehen Feste oder Feiern an, unterstützen die Kinder beim Aufbau und Schmücken; dabei gestalten z.B. Vorschulkinder ihre Laternen komplett selbstständig und nach ihren eigenen Vorstellungen. Sie dürfen auch bei religionspädagogischen Vorbereitungen wie der themenspezifischen Gestaltung der Turnhalle oder der Veranschaulichung biblischer Geschichten teilnehmen. Weiterhin werden sie in die Auswahl des Mittagessens einbezogen. Auf diese Weise wird demokratisches Verhalten gelebt, erlebt und gefördert.

 

In den Kinderkonferenzen können die Kinder sich nach ihren Interessen und Möglichkeiten im größeren Rahmen einbringen. Dort werden auch Beschwerden und Anregungen besprochen. Die Ergebnisse werden für alle Kinder der Einrichtung in kinderfreundlicher Form in einem Protokoll festgehalten und verbildlicht.

 

In unserer Einrichtung binden wir die Kinder in Alltagsgespräche ein. Gemeint sind Gesprächssituationen zwischen Pädagogen und Kindern im Alltag, die auf einen ernstgemeinten Dialog ausgerichtet sind. Es können mit den Kindern die im Alltag anstehenden Themen, aber auch Anliegen, individuelle Probleme, Sorgen oder Wünsche besprochen werden.  Beschwerden werden von den Kindern nur zu einem geringen Teil offen formuliert. Somit müssen wir die Beschwerde aus dem Verhalten oder den Formulierungen heraushören, uns bei den Kindern rückversichern und mit ihnen einen Weg des offenen Umgangs finden.

 

Hinter einer Beschwerde steckt immer ein unerfülltes Bedürfnis. Kinder brauchen einen Gesprächspartner, der achtsam auf die Bedürfnisse eingeht. Uns geht es darum, genau hinzuhören, wo Kinder konkret Veränderungswünsche äußern, denn diese müssen „zur Sprache“ gebracht werden.

 

Wir schaffen Vertrauen, in dem wir die Bedürfnisse der Kinder hören, sensibel wahrnehmen, beobachten und ernst nehmen. In entspannter, liebevoller Atmosphäre trauen sich die Kinder auch unangenehme Dinge an- und auszusprechen. Wir hören zu, fragen nach und machen Mut. Jedes Kind wird ernst genommen, egal welches Anliegen es hat oder wie alt es ist. Wir betrachten das Kind als vollwertiges Mitglied der Gemeinschaft und gleichwertigen Menschen.